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Fehler

Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.
Konfuzius



Aus gegebenem Anlass habe ich mich entschlossen einige Gedanken über den Fehler zu schreiben. Wie kann der Fehler definiert werden? Das Wort selbst sagt es schon: Es „fehlt“ etwas. In der Erwartung eines Ganzen fehlt entweder etwas oder es passt der Erwartung gemäß nicht dazu.

Das Deutsche Institut für Normung definiert den Fehler als einen „Merkmalswert, der die vorgegebenen Forderungen nicht erfüllt“.
Anders gesagt: Die „Nichterfüllung einer Anforderung“, oder die „Nichterfüllung einer vorausgesetzten Erwartung, die verpflichtend ist“.
Ein Fehler ist eine Aktion in einem Handlungsablauf, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Sie kann nur bei Wiederholung der Handlung korrigiert werden beziehungsweise nicht mehr erfolgen.

Es ist allgemein bekannt, dass Fehler in allen Lebensbereichen und in jedem Personenkreis passieren. Von der Vielfältigkeit der Fehler, die es in der Welt gibt, beschränken sich diese Gedanken hier auf die Fehler, die im Tanzunterricht, in Proben und bei Bühnenauftritten vorkommen und ich widme sie daher in erster Linie meinen TanzschülerInnen und allen TänzerInnen in meiner Gruppe.

Stellen wir uns zuerst folgende Fragen:

1. Warum machen wir Fehler?
2. Warum werden Fehler wiederholt?
3. Was lernen wir aus Fehlern?
4. Wie vermeiden wir Fehler in der Zukunft?

Verschiedene Umstände können zu Fehlern führen können:

1. Ein Fehler passiert aus Nichtwissen.
2. Ein Fehler passiert aus Irrtum.
3. Ein Fehler passiert auf Grund äusserer Umstände.
4. Ein Fehler passiert auf Grund innerer Umstände.

Nun können wir die 4 Punkte jeweils miteinander verknüpfen und erhalten die Antworten vorausgesetzt, dass der Fehler nicht absichtlich begangen wird, was in diesem Fall auf einen fraglichen psychischen Zustand hinweisen würde. Wir gehen davon aus, dass der/die TänzerIn bestrebt  ist, sein/ihr Bestes zu geben und bemüht ist fehlerfrei zu tanzen.

1. Ein Fehler passiert aus dem Zustand des Nichtwissens. Wird das Nichtwissen beseitigt,     kommt kein Fehler mehr auf.

1.  Der Fehler passiert, weil man sich irrt, aber im Grunde weiss wie es richtig wäre.
Der Irrtum liegt in Konzentrationsschwäche und Vergesslichkeit und kann auf äussere oder innere Umstände zurückgeführt werden. Je gefestigter und konzentrierter wir sind, desto weniger irren wir uns.

1.  Wenn äussere Umstände zu einem Fehler führen, der Musikeinsatz verpasst wird, weil man z.B. auf eine Glasscherbe getreten ist oder weil man nicht aufmerksam auf die Musik gehört hat, kann dieser beim nächsten Mal durch Achtsamkeit vermieden werden.   Daraus lernt man beim nächsten Mal darauf zu achten, dass die Bühne sauber ist oder dass man sich besser auf die Musik konzentriert.

1.  Ein innerer Umstand kann zum Beispiel die Situation von erhöhtem Lampenfieber sein, eine private Sorge u.ä. Im schlimmsten Fall kann das zu einem black out führen.

Die Stabilität des inneren Zustandes ist von grösster Wichtigkeit. Sowohl im Unterricht, als auch bei den Proben und bei der Performance. Die volle Konzentration auf den Tanz ist dabei das Wesentliche. Gedanken die nicht zum Tanz gehören müssen vermieden werden. Beim Betreten des Tanzsaales lassen wir alles, was den Alltag betrifft, Sorgen, Pläne, private Belange, u.ä. draussen.

Wir lernen aus der Erfahrung. Wir vermeiden Fehler in der Zukunft, wenn das Nichtwissen beseitigt ist, wenn wir uns konzentrieren und aufmerksam sind, wenn wir die äusseren Umstände geklärt haben und wenn unser äusserer und innerer Zustand stabil ist.

Die äussere Stabilität umfasst:
Nrtta, Abhinaya, Kenntnis des Textes und der Musik sowie die Choreografie.

Die innere Stabilität umfasst:
Konzentration, Aufmerksamkeit, Achtsamkeit und die volle Identifikation mit dem Tanz.

Wir erreichen sowohl die äussere Stabilität als auch die innere Stabilität nur durch konzentriertes und regelmässiges Üben.

Beim Lernen und Üben können Fehler passieren. Durch das ständige Wiederholen des richtigen Bewegungsablaufes festigt sich die Bewegung im Körper und sie verläuft dann automatisch richtig.

Fehler im Bereich von Nrtta/Adavu passieren können:
Haltungsfehler bei der Anfangs und Endpose (sthanaka)
Fehler während der  Bewegung (cari)
Fehler in der Handstellung (nrttahasta)
Fehler im Bewegungsfeld der Hände (hastaksetra)
Fehler bei der korrekten Körperhaltung (angasuddha)
Fehler beim korrekten Einhalten des Rhythmus (talasuddha)

Fehler bei Nrtya /Abhinaya passieren können:
Interpretationsfehler. Fehler auf Grund des Unverständnisses des Textes.
Fehler in der Auswahl der Hastas. Fehler passiert z.B.: weil eine Zeile (sahitya) vergessen wurde, u.ä.

Es gibt grosse und kleine Fehler, sichtbare und versteckte Fehler, je nach Art des Fehlers. Beim Erlernen des Tanzes passieren bekanntlich viele Fehler. Auch wenn der/die LehrerIn den gleichen Fehler oftmals ausbessert, wird dieser manchmal jahrelang weiter behalten. Warum? Es beginnt mit der Aufmerksamkeit im Tanzsaal. Was immer der/die LererIn sagt ist wichtig. Die Korrektur an einer anderen Schülerin sollte zugleich als die eigene Korrektur verstanden werden.
Ein Blick in den Spiegel kann dazu hilfreich sein, den eigenen Fehler zu realisieren. Etwa das Erkennen einer Fehlhaltung, und das Erkennen wie sich die richtige Haltung anfühlt.
Manierismen sowohl im Abhinaya als auch bei Nrtta dürfen nicht vorkommen. All das zu beachten geschieht beim täglichen Üben. Niemals sollten wir jedoch über einen Fehler verzweifeln und ihn durch unseren Gesichtsausdruck dokumentieren.  Und es versteht sich von selber als Akt der Höflichkeit, dass niemals eine Mitschülerin oder Kollegin wegen eines Fehlers ausgelacht oder zur Rede gestellt werden darf. Ebenso sollten auch Eltern, die ihren Kindern beim Unterricht zuschauen, nicht über deren Fehler lachen oder versuchen die Kinder zu korrigieren. Das ist allein die Sache der Lehrerin.
Passiert ein Fehler beim Lernen und Üben, dann müssen wir ihm auf den Grund gehen und ihn beseitigen, in dem wir die Bewegung richtig verstehen lernen und richtig einüben. Das geschieht im Unterricht und beim selbständigen Üben.
Passiert ein Fehler auf der Bühne, dann soll er nicht hervorgehoben werden. Geschickt am nächsten Schlag wieder einsetzten und Ruhe und Haltung bewahren!

Fehler in der Gruppendynamik der TänzerInnen:
Bei choreografischen Gruppenformationen wird von den Gruppenmitgliedern viel Disziplin, gegenseitiger Respekt und Unterstützung erwartet. Nur dann kann die Choreografie in den Proben und vor allem während des gesamten Bühnenauftritts harmonisch zum Ausdruck kommen und als solche vom Publikum wahrgenommen werden.
Es kann vorkommen, dass zwischen einzelnen SchülerInnen sowie Gruppenmitgliedern der Tanzgruppe ein Konkurrenzverhalten entsteht. Wenn dieses sich in einem anspornenden Wettbewerb entfaltet und im Rahmen des gegenseitigen Respekts bleibt, dann kann das durchaus positiv sein. Sollte das Konkurrenzverhalten jedoch destruktiv werden und zu Kränkungen und Absonderungen führen, dann ist es verhängnisvoll und schadet nicht nur den Einzelnen sondern der gesamten Gruppe und somit der tänzerischen Leistung. Es ist nur allzu menschlich, wenn sich nicht alle Menschen gleich mögen oder sogar Freundschaft schliessen. Aber in einer Tanzgruppe ist es so wie in einer „Vernunftehe“. Die PartnerInnen kommen für eine gemeinsame Sache zusammen, die ihnen allen sehr wichtig ist. Sie wachsen durch jahrelanges Training zusammen.
Überheblichkeit, Berührungsängste, Misstrauen, sowie mangelnde Höflichkeit haben einen starken negativen Einfluss auf die innere Stabilität der einzelnen TänzerInnen, auf ihre tänzerische Leistung und somit auf die Leistung der ganzen Gruppe.

Das richtige Proben in der Gruppe setzt dann ein, wenn ein Tanz aus dem Repertoire bereits gelernt ist. Wenn der Prozess des Auswendiglernens vorbei ist. Das gilt für den Solo-Tanz genauso wie für die Choreografien in der Gruppe.

Das Ausbessern der Bewegungen, die Formation und die Zuweisung von Positionen im Raum ist einzig und allein Sache der Choreografin. Kreative Vorschläge sind willkommen, so lange sie an die Choreografin gerichtet sind.
Die Kreativität der Gruppenchoreografie hängt stark vom tänzerischen Potential und von der Flexibilität der einzelnen TänzerInnen ab. Die sorgenfreie und absolute Konzentration auf den Tanz ist die Grundlage zum perfekten Gelingen der gesamten Performance.

Es mag sein, dass sich das alles trivial anhört, aber wie es die Praxis immer wieder zeigt ist es nicht leicht diese Gedanken zu realisieren. Unzählige Beispiele von Vorkommnissen im Tanzsaal und auf der Bühne zeigen immer wieder, dass das oben Genannte nicht eingehalten wird.
Selbstverständlich übt und lernt auch der/die LehrerIn und wächst mit den SchülerInnen und der Tanzgruppe mit. Auch er/sie sammelt Erfahrungen in den vielen Jahren des Unterrichts und der Bühnenauftritte und ist um Perfektion, Schönheit und Zusammenhalt bemüht.

In diesem Sinne wünsche ich allen ein fehlerfreies und sorgenfreies Tanzen!


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